Giro, Giro und Sole

Giro was? Dachte sich Fabian, als er sich im Aargau früh morgens in den Sattel schwang. Lange Regenhosen, Regenjacke, Kapuze, Langfingerhandschuhe, Rucksack-Pellerine. Es giesst aus Kübeln und Kälte dazu. Pflotschnass sitzt er im Zug. Sole? Südwärts! Zumindest bis Chur, wo er auf den Tourero und das peleton des „Giro del Sole“ trifft.

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Kaffee, Espresso, Gipfel, Espresso, Mineralwasser, Espresso… es will einfach nicht aufhören. Bei kalten 8° verlassen wir das Café Maron und steigen in den Sattel. Der Regen prasselt, die Gischt spritzt ins Gesicht, doch das peleton nimmt Fahrt auf und schlägt die Lenker südwärts. Sole?

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Die Zähne klappern, spätestens über die pavés in Andeer und im pittoresken Splügen. Die „via spluga“ weist uns den Weg, südwärts. Vorher passierten wir die Via Mala-Schlucht, welche bei Regen besondere Mystik ausstrahlt. Mit aufgezogener Kapuze kurbeln wir die Serpentinen des Splügenpass empor. Sole? Kunstvoll schlängelt sich die Strasse bergwärts, das Rennradfahrer-Herz lacht, der Plus leicht erhöht und die Neugier gross. Sole? Eine erste blaue Störung schiebt sich von Italien über die Passhöhe. Die Strasse ist gar trocken. Splügenpass. Italia. Sole!

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Warm eingepackt greifen wir die lange Abfahrt ins Val Chiavenna an. Was für ein Kontrast. Der Nordföhn empfängt uns warm. La discesa – ein Genuss. Unter der Woche sowieso. Fast alleine und auf trockener Strasse zirkeln wir um die spektakulären Kurven und tauchen durch Kehrtunnels in die Cardinello-Schlucht. Der Splügen – classico. Die Abfahrt gipfelt mit der Ankunft im gepflegten nucleo Chiavennas. Sole! Sie brennt. Wir stärken uns auf einer Terrasse mit charmanter Bedienung für die Bergankunft. Unser Bett wartet 800 Meter höher, in der Perle des Bergells – Soglio.

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Ein lohnender Abstecher in eines der schönsten Täler der Schweiz. Mit jeder Kehre wird die Aussicht spektakulärer. Sissone, Castello, Bondasca und Badile bohren sich in den Himmel. Eine Augenweide. Schönste Serpentinen bringen uns zu unserem Tagesziel, dem historischen Hotel Palazzo Salis im Bergdorf Soglio im Val Bregaglia.

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Im Barockgarten des von der Familie Cicognani seit über 24 Jahren liebevoll geführten Palazzo Salis, genossen wir den apéritivo con – Sole! Nicht nur Künstler wie Giacometti und Segantini fanden Inspiration in diesem faszinierenden Südtal Graubündens, auch Radfahrer gehören dazu. Was der Küchenchef aus den Töpfen zaubert, gehört ebenso ins palmarès wie unsere 1. Etappe. Der Regen in Chur liegt lange zurück, wir sind in einer piccolo mondo gelandet – con sole!

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Der zweite Tag erwacht im schönsten Kleid. Frisch angezuckert präsentiert sich der Klettertraum, die Sciora-Gruppe. Giro! Sole! Nomen est omen, heute begrüssen wir nicht nur die Sonne am Himmel auch auf den Tross der 17. Etappe des Giro d’Italias 2015 werden wir stossen. Ab dem Comersee fahren wir auf gut 70Km auf dem Original-Parcours der heutigen Giro-Etappe, welche die Rennfahrer von Tirano im Veltlin nach Lugano führt. Nur unsere Rucksäcke verraten, dass wir eine besondere Fluchtgruppe sind.

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Am Ufer des Lago di Lugano wird es ruhig, seit einer halben Stunde kein Auto mehr. Das Feld des Giro muss uns auf den Fersen sein. 2 Kilometer vor dem Ziel nimmt uns die Rennleitung aus der Wertung. Die Profis wollen sich offenbar nicht mit uns auf einen Sprint einlassen. Schade. Wir hängen dafür noch einen Giro durchs Val Colla an und landen müde und zufrieden im Albergo Tesserete bei Luca Besomi. Aperitivo con Sole!

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Mit dem ersten Spatzenpfiff kreist die Kette rechts. Bereits um 6 Uhr starten wir die Königsetappe nach Chur. Das Frühstück haben wir selber zubereitet. Heute liegen noch ein Leicht- und ein Schwergewicht auf unserer Route. Die ersten Sonnenstrahlen kitzeln die Denti della Vecchia. Doch uns ist bitterkalt bei kaum 5°. Der Gegenwind am Cenerei kühlt zusätzlich. Bellinzona, ça roule.

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Das langgezogene Val Mesocco offenbart eine phantastische, verkehrsfreie Strasse und schöne Dörfer die von der Autobahn her kaum Beachtung finden. Zuunrecht. Spätestens die salita in Mesocco auf pavés bringt die ersehnte Wärme in den Körper. Der Kaffee-Halt ebenso. Die legendäre Bar Sport ist zwar chiuso, bei Beer’s käfelt es sich sonnig.

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Wie am Giro, die schönste Passstrasse exklusiv für uns. Unter uns donnert der Verkehr auf der A13 tal- und bergwärts. Kehre um Kehre schrauben wir uns in die Höhe. Schnee gleisst uns entgegen. Die Gipfel kommen näher, der Pass und…. Sole!

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San Bernardino. Über schönste Serpentinen erreichen wir die Passhöhe und das Seelein. Die Landschaft hat sich innert kürze markant verändert. Ergreifend die Szenerie. Wir kühlen kurz die Waden im Schnee und stürzen uns in die discesa.

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Die lange, ja endlose Abfahrt startet mit Serpentinen, gefolgt von einer Tempofahrt durchs Hinterrhein, der Wind ist mit uns. Selbst die Pavé-Passagen in den Dörfern Hinterrhein, Medels und Splügen lassen uns nicht vom Gas, es schüttelt bis die Hände taub sind.

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Le déssert, die erfrischende Schussfahrt in der Endlosschleife durch Rofla, Via Mala nach Thusis. Selbst der brachiale Gegenwind bis Chur kann uns nichts mehr verderben. Sole! Und das Beste: Diese Wunder-Tour ist auch 2016 im TOURERO-Programm womöglich mit Gepäckstransport und Begleitfahrzeug. Voranmeldungen nimmt der Tourero rene@nulltourero.ch gerne entgegen. Bis bald, im peleton des Giro del Sole!

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2 Kommentare zu “Giro, Giro und Sole

  1. Es waren drei tolle Tage und alles war bestens geplant.
    Auch dein Tourenbericht ist ne super Sache.
    Kann dich nur weiter empfehlen.

    Freue mich schon auf die Churfirsten Ronda.
    Gruss Fabian

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