Boccalino Monti Lago Maggiore. Stimmungsvoller Saisonschluss in der Sonnenstube. Die Explosion könnte kaum bunter sein. Stahl das Blau. Bizarre Wolkengebilde in Grau. Farb- aber nicht harmlos der Schönwetter-Garant; der Föhn. Wir klatschen ab, schnaufen durch, geniessen die Ausblicke und greifen zu den Gipfeln. Unter uns räkelt sich der Lago. Alles perfekt. Der Name; Programm. Monti Lago. Und doch. Verkehrte Welt.
Der Gondoliere ist freundlich. Er müsse etwas langsamer rudern, der Föhn gebe den Takt vor. Wir steigen gerne zu, in aller Hergottsfrühe. Gut eingeschaukelt erreichen wir die Tourismuspromenade an einem bekannten Monte. Menschenleer. Uns soll es recht sein, kein Gedränge. Sonnenaufgang. Im Wiegetritt purzeln rasch Höhenmeter, der Blick fällt tief, auf den Lago. Noch etwas höher. So der Plan. Verkehrte Welt.
Plötzlich erfasst eine heftige Windböe das Lieblingsgilet und trägt es fort. Zum Glück nur im Traum. Böses Erwachen. Den Pass erreicht, bläst uns der Föhn trotzig entgegen. In aller Heftigkeit. Pedalieren, sich im Sattel halten, unmöglich, ja gefährlich. Er bodigt uns und unsere Pläne. Einmal mehr ist der föhnerprobte Reiseleiter gefordert. Er grübelt im üppigen Rucksack und zupft Plan C hervor. Seidenfein windet er sich windgeschützt kullernd durch die Weide. Ein Primeur. Verkehrte Welt.
Abgegriffen, das Prädikat. Doch malerischer als an einem Föhntag, gebietet sich das Himmelsbild selten. Wohlportioniert fährt Mystik mit, auf schmalem Grat und immer wieder, Windböen bis 80 km/h, heftig. Die Monti, etwas vom Schönsten, eine Augenweide. Die Dolomiten sollen ähnlich spektakulär sein. Wir laben uns lokal, an der wohl markantesten Bergkette der Schweiz. Mit allen Finessen windet, bockt ein schmaler Pfad durch Heidelbeerstauden und Tannenbäume. Vernissage. Verkehrte Welt.
Plan C hat es in sich. Erst luftig, holprig, verblockt, schlängelt er plötzlich endlos, flüssig durch einen Bikepark feinster Architektur, mutiert zur historischen Abfahrt, auf Spuren einer bekannten Enduro-Legende mit grossem Frizzante-Faktor, Pupillen weit aufgerissen, Blick geschärft, präsent. Kurventanz und Steinzirkel. Bachgebettet und urgewaldet rockt er uns hinab, über 1600 Tiefenmeter, an den Lago. Verkehrte Welt.
Szenenwechsel. 2 Tage zuvor. Dunkelheit. Wortlos verlädt der Reiseführer Bikes und Gepäck. Noch etwas verschlafen steigen die Protagonisten zu. Auf, zum Lago. Das Kopfsteinpflaster rauscht. Der Lago ist erreicht. Noch schnell Esprésso und sofort bergwärts. Bleischwer drückt sie, die Wolkendecke. Ob es wohl hält? Kein Tourist, Biker, Wanderer, weit und breit. Intakte Welt.
Die Kurbeln wirbeln, der Puls pocht. Stolzerfüllt knirschen wir über einen schmalen Grat, die letzten Meter, den Gipfel erklommen. Der Blick taucht tief und breit, Täler fächern auf, die Wolkendecke durchlückt, Gelassenheit. Der Sinkflug, ein grand-cru mit prickelndem Abgang. Anfänglich zähflüssig, steinig, sogar Schneeresten, schiesst er flink und flüssig kurvend talwärts. Die Herausforderungen fliegen uns im Minutentakt um die Ohren. So haben wir uns das vorgestellt, bis an den lungo lago. Kein Flowtrail. Intakte Welt.
Die Welt haben wir nicht auf den Kopf gestellt. Nur das Programm. Mit den drohenden Unwettern mit Starkregen im Tessin hat unser Reiseleiter in letzter Minute das Programm umgestellt. Der rote Faden; Monti e Lago… Maggiore & Lago Walensis, Plan B, das wettersichere Sarganserland mit dem Walensee. Ein unvergessliches Erlebnis reicher, werden die begeisterten Protagonisten noch lange darüber sinnieren, wie wir an einem wettertechnisch herausfordernden Oktober-Wochenende die Destination auf den Kopf gestellt haben, Sicherheit und Föhnwetter vor Augen, jenseits und diesseits der Alpen. Eine spontane Rochade à la Tourero von A bis C. Schöne Welt.
Superhammertage, mit Amboswolken und viel Biss. Zu aller Freude hat uns der Trailboss
überall durchgewunken und nie die rote Karte gezückt.
Wir sind entzückt!
Lieber René aka „Tourero“
Herzlichen Dank für diese 3 tollen Trail-Tage im Tessin resp. Sarganserland – von easy-flow bis knackig-hard war alles dabei inkl. feinem Essen am Abend… Wir freuen uns jetzt schon, das kommende Bike-Jahr mit dir zusammen zu erleben resp. zu „er’biken“
*happy-Trails*
Reto + Sandra