Wenn die Glücksbotin klingelt

Grosses steht vor der Tür. Nicht der Paketbote als Glücksbringer. Real, greifbar, alpin, strapaziös, ambitioniert, glückseelig. So gross kann kein Paket der Welt sein. Diese Urgewalt, Echtheit, dieses Abenteuer, Naturschauspiel zwingt jeden Online-Händler in die Knie, das Glücksgefühl endlos. 7 Tage packen wir beidhändig aus und staunen über den Facettenreichtum jeder Etappe über hohe Pässe durch tiefe Schluchten, der imaginären Singletrail-Perlenkette am nächsten kommend. Das ist sie, die Glücksbotin par excellence, die Hauteroute Valaisanne à la Tourero, Singletrail Haute-Couture vom Urnerland ins Bas Valais.

Nachdenklich stimmt der Blick auf den Rhône-Gletscher. Exemplarisch wird uns Vergänglichkeit vor Augen geführt. Kindheitserinnerungen noch wach, als beim Belvédère der Eingang zur Gletschergrotte lockte, das Leben pulsierte. Heute, verwaiste Ruhe, das Hotel geschlossen, der Gletscher weit zurückgezogen, wie lange noch? Betretenes Schweigen.

Erhaben. Der Tiefblick ins Wallis, ins Hochtal, ins Goms. Am Horizont gleisst gar das vergletscherte Weisshorn, 4505 Meter mächtig, in ein paar Tagen ganz aus der Nähe bestaunbar. Durch üppige Alpenflora führt ein sämiger Pfad dem Talboden zu. Nicht der einfachste, der verträumteste, forderndste, der schönste Weg.

Geschichte umhüllt, als wir durch die furchige Schlucht rollen. Die Kunstinstallationen sind gekonnt in die atemberaubende Naturkulisse versteckt. Dass durch dieses Tal einst die Hauptschlagader der transalpinen Reiserouten führte, überrascht.

In eine andere Welt katapultiert uns die lange Steigung. Mondlandschaft begrüsst und der Trail windet sich fein über die Hochebene mit etwas Pedaldruck gänzlich gesattelt, fahrbar. So haben wir uns das vorgestellt. Fein gerillt von Tal zu Tal endlos scheinend, der schmale Pfad sich über den historischen Pass schmiegt. Der gequerte Schnee reflektiert den strengen, vergangenen Winter.

Kalt pfeift die Bise um die Ohren. Die Windjacke raschelt und rappt im Freestyle-Modus. Ein flüssiger Kamerad versprüht Abfahrts-Spass en masse. Flink stieben wir um Alpenrosen, bergflankenzirkelnd und tauchen in den nächsten Kessel, wo selbst Napoleon Bonaparte bis heute sichtbar Spuren hinterlassen hat.

Köstlich haben wir gespeist. Üppig aufgetischt mit reichlich Italianità hat der capo bis das Tischblatt knarzte. Diese Energie setzen wir gerne ein, auf einer abenteuerlichen Trail-Pirsch, über alte Militärwege, durch abgeschiedene Talschaft. Da und dort weiten sich Pupillen, die Kurbeln drehen jäh über dem Abgrund. Endloser, flüssiger Trailspass lässt uns den Tag im XXL-Modus auskosten.

Die Hitze drückt. 34° im Talboden. Selbst auf den luftigen Bergkämmen perlt Schweiss. Trotz grösstem Effort ist nicht alles im Sattel zu bewältigen. Das Bike drückt kurz auf die Schultern. Freudige Umarmung, der Pass, le sommet. Fordernd, die Ouvertüre im frankophonen Valais, umgarnt von schroffen Felsformationen über anmutendes Hochland. Frohlockend bis die Gläser klingen, gekrönt durch ein Raclette, einziger, zugelassener Abstrich de la semaine, köstlichster Natur!

Als ob wir selber zur Staffelei gegriffen. Journée de rève! Schmal pinselt der Pfad durch die Bergwelt mitten durch die couronne impériale, königlich, im Reich der Viertausender. Zinalrothorn, Weisshorn, Dent Blanche, Matterhorn spalieren. Hühnerhaut. Dieser Trail, für die Ewigkeit. Elegant zischen wir über den Glücksbringer und stieben um die Serpentinen. Kein Traum; ein ganz normaler Tag, Hauteroute Valaisanne.

Die Beine Schmerzen, die Luft dünn, der Atem keucht. Mit letzter Kraft drücken wir die fiese, lange Rampe hoch. Erlöse uns von den Strapazen, Du hehres Hoch-Plateau. Durchatmen. Geschafft? Noch trennt uns ein grosses Schneefeld vom Etappenziel, umgarnt von einer Polonaise an Viertausendern. Habe fix und habe fertig. Bonne nuit!

Weit vor dem Sonnenaufgang schwingen die schweren Beine übers Oberrohr. Der Balanceakt führt um den Berg, die nächste Talschaft rollt den blendenden Singletrail-Teppich aus. Mit zugekniffenen Augen zirkelnd über die schmalgratige Bergwelt, die Sonne blinzelt am Horizont.

Nach einer Hitzewoche, schlägt das Wetter um. Starke Niederschläge sind prognostiziert. Obwohl noch kaum fassbar, verdeutlicht der Himmelsblick, dass sich etwas Grosses zusammenbraut. Nichts wie rein, in die finale déscente, ravissante! Nach einer Woche üppiger Kost an schmalsten, längsten Singletrailpfaden, reich befrachteten Kultur-Buffets und einer Landschaft, die selbst auf keinem XXL-Outdoor-Banner Platz fände sind wir uns einig. Öffne die Tür, wenn sie klingelt. Die Glücksbotin, Hauteroute Valaisanne!

Die letzte Chance diese Tour am eignen Leib zu erfahren bietet sich vom 26. Juli bis 1. August 2020. Jetzt anmelden!

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